Albtraum 2: 25549 Kopien

Albtraum 2: 25549 Kopien

 

Der Morgen ist ein Versprechen.

Alles ist möglich.

Du und niemand anders

hat es in der Hand.

Was geschieht.

Was geschehen wird.

Während des Zähneputzens wird aus dem Versprechen ein

wortloses sich ver-sprechen.

Auftaucht die schwerfällige, ungeliebte

Geborgenheit. Geboren aus

Angst, die selbstverständlicher ist als

das täglich Brot.

Auch Bücher und Musik können Versteck und Vorwand sein.

Ganz zu schweigen der Tonnen von schönen Dingen, die

Du einbalsamiert hortest.

Doch die Wunden heilen nicht.

Sie werden nur eingerieben.

Du solltest trauern statt zu grübeln.

Doch ständig treibt Dich etwas an, das

messbare Ergebnisse erwartet.

In kürzester Zeit.

Und vor lauter Termin-Druck

merkst Du nicht, das sich über Jahre

gar nichts verändert hat.

Verändert haben sich nur die Oberflächen.

Erschreckend.

Mit Deiner Angst hast Du es nie aufgenommen.

Du opferst ihr Dein Leben.

Mit bestechenden Argumenten,

Die es immer gibt.

Warum läufst Du nicht zu Fuß durch ganz Europa?

Warum schläfst Du nicht im Schlafsack am Strand?

Warum liegst Du nicht ohne Hintergedanken in den Armen Deines Lebensmenschen ?

Warum kannst Du nicht sagen, dass Du nichts sagen kannst.

Warum ist das so unmöglich schwer ?

Wo ist eigentlich die große Katastrophe,

vor der Du immer Angst hast?

Warum tust Du, was Du tust, obwohl

es nicht wirklich das ist, was Du tun willst?

Warum verhältst Du Dich,

anstatt zu sein?

Die wirkliche Beziehung ist die Angst mit der Du zusammenlebst.

 

 

Stell Dir vor, Du hättest jeden Tag ein neues weißes Blatt vor Dir liegen.

Du schreibst es voll.

Drehst es um.

Legst es ab.

Am nächsten Tag nimmst Du das nächste neue Blatt.

Schreibst es voll.

Drehst es um.

Legst es auf das Blatt von gestern.

Nimmst den Tag darauf das nächste Blatt.

Schreibst es voll.

Drehst es um.

Legst es auf den Stoß.

Und so weiter.

Erst am Ende Deines Lebens darfst Du den Stoß nehmen

und lesen,

Du bist neugierig auf das, was Du geschrieben hast.

Amüsiert liest Du die ersten Seiten. Wort für Wort.

Liest und liest.

Bald irritiert.

Dann ungläubig.

Dann hektischer überfliegend die folgenden Seiten.

Dann überspringst Du tausend Seiten. Liest von Neuem.

Ungläubig.

Entsetzt.

Am Ende verzweifelt und unendlich traurig.

Denn auf jeder Seite stand das gleiche.

25550 mal das gleiche.

25549 Kopien.

Du hast es nicht gemerkt, während Du schriebst.