Grenzbereiche

Das Leben an Hand seiner Identität zu leben kann bedeuten, sehr schnell an die Grenzen dessen zu kommen, was „man“ normalerweise tut, was von einem „erwartet“ wird. An die Grenze dessen zu kommen, was allgemein akzeptiert wird, bzw. positiv bestätigt wird oder auf Ablehnung/Unverständnis stößt. Diese aufrichtigen Versuche werden dann als „Träumerei“, „Luftschlösser“, „lebensfremd“ oder sogar als „gestört“, „krank“, „unnormal“ bezeichnet.

Komisch nur, dass die Leute, die das sagen, meist nicht so wirken, als würde sie ihr – ergo – „normales“ Dasein glücklich machen. Gleichzeitig scheint diesen Leuten niemals aufzufallen, wie schnell gesellschaftlich geächtete Haltungen und Verhaltensweisen geräuschlos zu „normalen“ werden können (Homosexualität war bis 1970 in der BRD noch strafrechtlich verfolgt, „Volksschädlinge“ wurden zu „Vorbildern“, die „Erbfeindschaft“ zwischen D und F veränderte sich zur „Freundschaft“, Atomkraft wurde von der „Energie der Zukunft“ zum Ausstiegsszenario).

Wer etwas Neues versucht, macht ein Experiment. Es gibt kein sicheres Terrain, auf das zurückzugreifen wäre aber viele gesellschaftliche Widerstände, die je nach Interessenlage alles daransetzen, das Neue auf die eine oder andere Weise zum Scheitern zu bringen.

Wer etwas Neues versucht, tut es aus Überzeugung, ohne die Sicherheit zu haben, dass es „gelingt“. Nur das zu tun, das mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gelingt, ist langweilig, mutlos und vor allem trägt es dazu bei, dass sich die herrschenden Zustände weiter bestätigen und verfestigen.

Und gibt nicht gerade erst die Möglichkeit des Scheiterns Raum für neue Möglichkeiten und Ideen?