Im Taxi: Gedanken zur Wahlfreiheit

In der nächtlichen Fahrt vom Atelier nach Hause, saß ich in einem Taxi, das einen Fernseher in die Rückseite der Vordersitzkopfstütze eingebaut hatte. Ich musste ihn natürlich sofort ausschalten.

Während die Lichter der Stadt an mir vorbei flogen dachte ich: Früher hat man den Fernseher einschalten müssen. Heute muss man ihn ausschalten. Ein interessanter Paradigmenwechsel:

Heute scheint der eingeschaltete Zustand der NORMALZUSTAND, quasi der vordefinierte Modus zu sein, früher war der default-Zustand ein ausgeschalteter Bildschirm.

Da zeigt sich ein auf allen Gebieten fortgeschrittener oder schon vollzogener Wertewandel in der „Freiheit der Wahl“. In früheren Zeiten musste man aktiv werden, um etwas zu wollen (ich will fernsehen, ich will Autofahren, ich will einkaufen…), jetzt muss ich aktiv werden, um etwas nicht zu wollen.

Wie bewusstseinsverändernd wirkt sich das auf die Generationen aus, die diesen für mich ungewohnten Zustand als ihren default-Mode vorgesetzt bekommen. Der inaktive Consumer-Mode ist Normalzustand. Jemand wächst also in eine Welt hinein, in der immer alles schon angeschaltet ist, in der immer Bilder, Lärm, Getue und Gemache die natürliche Umweltbedingung ist. Dieser Mensch wird sich willenlos dieser Berieselung aussetzten, er wird Stille und Ruhe als ungewohnt, irritierend, bedrohlich empfinden, als existenzbedrohend.

Immer wichtiger wird für mich die „Freiheit von etwas“ im Gegensatz zur „Freiheit für etwas“.