nimm nicht die rolltreppen

nimm nicht die rolltreppen

 

 

nimm nicht die rolltreppen,

wenn du auch gehen kannst;

denn sie geben nur vor, dir dein leben zu erleichtern:

sie machen dich zu einem trägen automaten,

bewegungslos und leblos.

 

nimm lieber die stufen,

bei denen du

mit jedem herzschlag und atemzug

spürst, dass du lebst,

auch wenn es mühe macht-

eingedenk des easy going,  oder

der effizienz oder der bequemlichkeit.

 

sieh den an dir vorbei ziehenden gestalten in die augen:

was siehst du?

 

nimm nicht das auto,

wenn du von a nach b möchtest.

denn es gibt nur vor, dich unabhängiger und schneller zu machen.

nimm lieber die bahn, das fahrrad oder gehe zu fuss,

auch wenn es dir unschick, lästig und zeitraubend vorkommt,

also mühe macht.

 

das auto macht dich träge,

macht dich zu einem  bewegt-bewegungslosen automaten,

der sich in einen größeren automaten einschliesst,

um sich geborgen und geschützt zu fühlen,

vor anderen automaten da draussen, die, wenn sie nur können,

sich ebenfalls in grössere automaten einschließen.

 

sieh den an dir vorbei rollenden gestalten in die augen:

was siehst du?

 

nimm nicht den fernseher,

wenn du auch hören, lesen, denken oder fühlen kannst.

denn fernsehen gibt nur vor, dich zu informieren oder zu unterhalten.

es macht dich zu einem trägen automaten,

bewegungslos und leblos,

an dem bilder vorbeirieseln, die nicht die deinen sind,

sich in deinem inneren

einnisten wie parasiten, die vierundzwanzigmal pro sekunde zellen deines ich’s

auffressen.

 

auch wenn es mühe macht,

schalte es ab;

sonst schaltet es dich ab,

transformiert dich zu einem automaten,

der an den bildern hängt wie mehlige maschinen an der batterie,

wie billige konfektionsware an der kleiderstange.

was siehst du, wenn du in die fenster der flimmernden wohnstuben hineinsiehst?

 

nimm niemals die erste hand,

die sich laut lächelnd dir entgegen streckt,

von größter sympathie,

neuesten erkenntnissen,

einmaligen gelegenheiten,

sensationellen angeboten spricht und

dir einreden will, dass das alles nur zu deinem vorteil ist,

was sie dir anbietet.

 

meint sie wirklich dich ?

überwinde deinen ersten reflex zuzugreifen,

auch wenn es mühe macht.

lehne ab,

nimm dir heraus,

umständlich, unspontan, uncool und unhöflich

zu sein,

was schwer ist, weil du zur höflichkeit erzogen,

zum blitzschnellen einverständnis abgerichtet,

auf soziale effizienz geeicht.

 

sieh lieber zweimal hin;

sieh den vollmundigen besitzern und

vollbusigen besitzerinnen in die augen.

was siehst du, wenn du nicht ja sagst?

 

nimm niemals die rolltreppen,

wenn du auch gehen kannst:

denn sie geben nur vor, dir dein leben besser und schöner zu machen.

 

 

Köln, Januar 2007