Schlanker Staat, Kultursponsering und pseudo-win-win

Wie man „Hochkultur“ betreiben kann, ohne den sogenannten Steuerzahler zu belasten, das wurde mir letztens wieder einmal im Deutschlandradio Kultur erklärt. Der sogenannte Bericht war eine streng neoliberal konnotierte Lobeshymne auf Mr. Peter Gelb, seines Zeichens Direktor und oberster Fundraiser der New Yorker Metropolitan Opera, die er der Einfachheit halber in einem Monolog (Interview genannt) auf sich selbst und sein Prinzip der Kulturfinanzierung anstimmte. Etat : 250.000.000 $. Davon aus „privater Hand“ finanziert: 95 % !!!

Fragen, die sich dem Zuhörer spontan stellen (ist ein New Yorker Vorzeigeobjekt repräsentativ für ein allgemeines Prinzip -wie sieht es in Städtchen wie Pittsburg, Dallas oder Detriot mit dem Fundraising und der blühenden Kultur aus- oder: zahlen die Geldgeber „einfach so“, oder gibt es da nicht mindestens gewisse Gefälligkeiten und „Rücksichtnahmen“ den edlen Förderern gegenüber, wie sieht eigentlich der Spielplan der Met aus, wie viel kostet eine durchschnittliche Eintrittskarte, was passiert bei einer möglichen wirtschaftlichen Krise, wenn das Werbebudget der Konzerne und superreichen Mäzene leider runtergekürzt werden muss… ) wurden weder von Herrn Gelb noch von dem sogenannten Journalisten thematisiert, der sich aber im einsätzigen Schlusswort beeilte, dieses System als denkbare Alternative der Kulturfinanzierung auch bei uns wärmsten Herzens zu empfehlen.

 

Letzte Woche: Ein Regisseur erzählt mir von einem Projekt. Er möchte Becket`s „Das letzte Band“ produzieren und Inszenieren. Sein künstlerischer Einfall: das Tonband aus dem Urtext durch eine DVD-Station ersetzen. Auf meine Frage, was er sich inhaltlich durch diesen Einfall verspreche, antwortet er: Sponsorengelder von Sony.

Jede Art von Sponsering, „powered by“, „mit freundlicher Unterstützung von“ usw. ist kritisch zu hinterfragen. Die Richtung in den Rückfall feudalistischer Koch-und Kellner-Abhängigkeiten muss wieder umgedreht werden. Ich mache mich nicht zum Affen, diese Business-Subjekte mit Powerpoint Präsentationen von meiner Marktrelevanz und den Vorteilen die sie davon haben, wenn sie mir gnädigst ein paar Tausend Euro dazugeben, zu belabern; von Innovation, smart solutions, von win-win-Situationen und Zielgruppen zu plappern. Da mache ich es lieber alleine.

Es wird Sphären geben, da haben die, die glauben, ohne sie würde nichts mehr gehen, keine Ahnung, keinen Zugang und keine Kontrolle. Denn neben denen, deren erster Gedanke es ist, über das fremdfinanzierte „Backing“ ihrer sogenannten künstlerischen Vorhaben nachzudenken, wird es immer eine Zahl von Leuten geben, die daran keinen Gedanken verschwenden. Und davon wird es in Zukunft hoffentlich wieder mehr geben.

Ich wünsche mir, dass gute Kunst unbestechlich ist, autark, unabhängig. Das Kapital muss leider draußenbleiben, an Wichtigkeit und damit an Einfluss verlieren. Die Pendel müssen sich wieder verschieben…

(13.2.2007)