anders (Literatur von W.Genazino & M.Werner)

I

wie wäre es,

wenn –von einem tag auf den anderen-

die menschen

ohne sonnenbrillen,

ohne i-pads & pods,

ohne mobiltelefone,

ohne handtäschchen,

ohne armbanduhren,

ohne espressomaschinen,

ohne geschirrspülautomaten,

ohne fernseher auskommen müssten?

 

wenn die menschen nicht mehr

im geländewagen zum einkaufen,

zum shopping-weekend in die nächste stadt

easy-jetten könnten?

 

wenn es keine navis mehr gäbe und

keine kreditkarten.

was würde sich ändern ?

würden sich die menschen ändern ?

 

hätte diese änderung einen effekt auf das zusammenleben?

auf den lauf der welt?

wäre das der untergang des abendlandes?

 

II

Wie schön wäre es,

menschen auf öffentlichen plätzen zu sehen, die

nicht telefonieren,

keine pommes essen,

keinen coffee to go in sich hineinschütten,

nicht johlen, plärren,

nicht hinter verspiegelten scheiben auto fahren,

nicht nach schnäppchen jagen,

nicht den anderen ausstechen wollen,

nicht dem anderen ständig etwas verkaufen wollen.

 

III

würden die menschen

ruhiger werden?

langsamer und aufmerksam,

weniger leicht beeinflussbar?

würden sie sich vielleicht nicht mehr einspannen lassen vor den karren des umtriebigen, augenzwinkerndern betrugs,

sondern möglicherweise auf die suche gehen nach anderen als den ihnen eingeredeten bedürfnissen?

würden sie den bezahlten lautsprechern, experten, geschmacksverstärkern, eliten, meinungsmachern, beratern, unterhaltern, verkäufern und lohnschreibern unmissverständlich ins gesicht sagen:

„HALT!  – macht -wenn ihr nicht anders könnt- was ihr wollt, aber nicht mehr mit mir. Kein auge, kein ohr, kein gedanke, keinen cent mehr an euch! es ist genug! ihr habt ausgespielt”.

sie nicht mal mehr kritisieren, sondern ganz einfach übersehen, wie einen fleck auf dem fussboden, dessen existenz vielleicht hässlich, aber vollkommen unbedeutend für das eigene leben ist.

ent-sorgung durch nicht-beachtung.

er-füllung durch ent-haltsamkeit.

aufhören, innerhalb der vorgegebenen probleme, lösungen und themen zu denken.

sich den schuh einfach ausziehen.

 

IV

„systemrelevanz ?“ – „entschuldigung. relevant doch nur für diejenigen, die daran glauben davon zu profitieren. was habe ich mit eurem „system“ zu tun? eigentlich nichts, nada, niente!

im gegenteil: es ist eine anmaßung eurerseits, mich ungefragt und wie selbstverständlich als teil eures systems zu betrachten, zu vereinnahmen und als gipfel von all dem auch noch in haftung zu nehmen.

ein für alle mal: ihr sollt gestrichen sein aus meinem bewusst-sein.